Zu viele Gedanken im Kopf

So langsam beginnt der Countdown für den Start in das neue Schuljahr. Damit entsteht bei mir immer eine ganz komische Stimmung:

Einerseits bin ich wehmütig, weil die Zeit, in der man frei und ohne Druck jeden Tag gestalten kann bald vorbei ist. Außerdem heißt das Ende der Sommerferien, dass bald dann auch das warme Wetter dem Herbst weichen wird…

Andererseits freue ich mich auch. Ich freue mich, liebe Kolleginnen und Kollegen wiedersehen zu können. Ich freue mich auf meine SchülerInnen und ich freue mich auch ein bisschen auf einen geregelteren und strukturierteren Tagesablauf.

In den Ferien habe ich mir ja viel darüber nachgedacht, wie ich im kommenden Schuljahr gerne arbeiten möchte, was mir wichtig ist und wo ich Schwerpunkte setzten möchte. Und nun habe ich so viele Ideen und Impulse im Kopf, dass es mir gerade total schwerfällt, in die konkrete Planung zu starten. Deshalb habe ich jetzt erst einmal ganz klein damit angefangen die Grobplanung für meine Lerngruppen anzugehen. Welche Themen will ich behandeln? Auf welches Material kann ich dabei zurückgreifen? Wie viel Zeit steht mir überhaupt zur Verfügung? Für die nächsten Tage bereite ich dann erst einmal die Klassenleiterstunden für den ersten Schultag vor. Danach werde ich versuchen für ein bis zwei Lerngruppen, die jeweils erste Lerneinheit etwas genauer zu planen. Außerdem geht es am Anfang der kommenden Woche in die Schule. Ich will unbedingt meine Ideen zur Umsetzung des Churer Modells in meinem Klassenraum ausprobieren und bei der Gelegenheit werde ich noch so einige Aufgaben aus der Digitalkoordination abarbeiten. Aber auch darauf freue ich mich. Wenn das Schulhaus noch so leer ist, fällt mir der Start leichter und die Gedanken im Kopf lassen sich noch besser sortieren – hoffentlich 😉.


Das Churer Modell oder: Wie ich mich etwas trauen möchte

Seitdem ich mich etwas mehr auf Instagram herumtreibe und dort in den letzten Wochen nicht nur den einen oder anderen Beitrag veröffentlicht, sondern auch sehr viel auf anderen Bildungsprofilen gestöbert habe, bekommen ich viele Inspirationen für mein Vorhaben, meinen Unterricht zu öffnen und den Schülerinnen und Schülern andere Wege des Lernens zu bieten.

Bereits in den vergangenen beiden Schuljahren habe ich mit Wochenplänen und Ansätzen von Projektarbeit versucht meinen Unterricht anders zu gestalten. Ich habe dabei viele positive Erfahrungen gesammelt, habe aber auch immer wieder gemerkt, wie wenig unsere Lernenden es gewohnt sind, selbstorganisiert bzw. eigenverantwortlich zu arbeiten. Und dennoch möchte ich weiter am Ball bleiben, auch weil ich weiß, dass sich eine Haltung (sowohl die der Lernenden als auch die der Lehrenden) nicht von heute auf morgen verändern lässt.

Und nun bin ich bei Social Media auf das Churer Modell gestoßen. Irgendwann hatte ich darüber schon mal etwas gelesen, aber in den vergangenen Wochen tauchten dann in meiner Timeline immer wieder Beiträge dazu auf (KI lässt grüßen) und ich begann mich etwas genauer mit den Aspekten dieses Modells zu beschäftigen.

Vorab sei gesagt: Ich muss mich sicherlich noch sehr viel tiefer und genauer in die Theorie einarbeiten, aber ein paar grundlegende Dinge haben mich so neugierig gemacht, dass ich nun verstärkt überlege, wie ich diese in meinem Unterricht ausprobieren kann. Dabei fokussiere ich mich momentan auf den ersten Schritt:

Die Umgestaltung des Klassenzimmers.

Das Churer Modell sieht hierbei vor allen Dingen vor, die Frontalsituation aufzulösen sowie verschiedene Arbeitsbereiche und mehr Verkehrsfläche im Klassenraum zu schaffen. Wenn ich auf Instgram so manche Klassenräume (vor allem aus den Grundschulen) sehe, werde ich schon sehr neidisch. Das sind Räume, in denen sich alle wohlfühlen können. Ich kenne vor allem kahle, unpersönliche, dunkle und kalte Räume, in denen sich keiner gerne länger aufhält. Ein Umstand, der keine wirklich gute Grundlage für das Lernen ist.

Also drehten sich meine Gedanken in den vergangenen Tagen immer öfter um die Frage, wie ich (mit möglichst wenigen Mitteln) den Raum meiner eigenen Klasse so gestalten kann, dass er in Ansätzen dann eben doch als guter dritter Pädagoge fungieren kann.

Das große Problem dabei: Ich arbeite an einer weiterführenden Schule und habe eben nicht hauptsächlich nur eine Klasse, die ich den ganzen Tag begleite. Wir haben leider bei uns an der Schule auch kein Doppelstundenprinzip, so dass ich weitgehend im 45-Minuten-Rhythmus arbeiten muss, ein Zustand, der mir schon seit Längerem missfällt.

Eigentlich könnte man nun meine, dass es unter diesen Umständen nicht möglich ist, den Raum umzugestalten und Aspekte des Churer Modells umzusetzen.

Und dennoch konnte ich von dem Gedanken nicht lassen. Entweder müsste ich also alle meine Kolleginnen und Kollegen, die in meiner Klasse unterrichten, vom Modell überzeugen oder ich könnte erst einmal im Kleinen anfangen und mir eine Strategie überlegen, wie ich die Öffnung (und Differenzierung) erst einmal nur in meinen Stunden (immerhin sechs in der Woche in meiner eigenen Klasse) umsetzen kann. Wenn ich gemeinsam mit meinen Schülerinnen und Schülern dann erste Erfahrungen gesammelt habe, kann ich schauen, ob sich der eine oder andere Kollege vielleicht anschließen möchte.

Und nun bin ich also dabei, eine solche Strategie auf die Beine zu stellen.

Die Idee

Vorarbeit

Da das Umstellen der Möbel im Klassenraum an vielen Stellen im Churer Modell als erster Schritt genannt wird, habe ich mir überlegt, wie ich (im Zweifel auch in einer einzelnen 45-Minuten-Stunde) dieses Umstellen vornehmen kann.

Ich überlege mir nun, wie ich die Tische umstellen möchte. Dies geschieht zunächst mit der Prämisse, dass ich dies nur in meinen Fachstunden in meiner Klasse tun will. Das heißt also, dass ich beim meinen Überlegungen immer im Hinterkopf habe, dass das Umstellen möglichst einfach gehen sollte.

Hier seht ihr die bisherige Anordnung der Tische

Und das ist meine momentane Idee für eine neue Anordnung

Nachdem ich mir eine mögliche Tischanordnung überlegt habe, die auch Platz für einen Sitzkreis lässt, werden ein paar Utensilien bestellt, mit denen ich die unterschiedlichen Arbeitsplätze noch etwas genauer definieren kann. Ichentscheide mich letztlich für folgende Dinge:

  1. Sitzgelegenheiten für den Kreis: hierbei spielt vor allem eine Rolle, dass ich diese relativ leicht transportieren kann, denn ich kann sie nicht im Klassneraum lassen, da hier auch oft andere Lerngruppen sind und die Gefahr, dass Dinge Füße bekommen leider vorhanden ist. Ich entscheide mich letztlich zwei Möglichkeiten zur Auswahl zu bestellen: a) eine Sitzunterlage, die eigentlich für den Outdoor-Bereich gedacht ist. (Ich hoffe, dass diese ein wenig die Kälte vom Boden abhält. b) ein faltbarer Hocker, ebenfalls eigentlich aus dem Outdoor-Bereich. Beide wäre einigermaßen bezahlbar. Mal schauen, wofür ich mich letztlich entscheide. Beides ist zur Ansicht bestellt.
  2. ein großes rechteckiges Tuch, mit dem ich die Atmosphäre im Sitzkreis hoffentlich etwas schöner gestalten kann.
  3. Sichtschutz für die Arbeitsbereiche

Mögliche Umsetzung

Am ersten Schultag werde ich mit meiner Klasse in den Klassenleiterstunden meine Idee besprechen und hoffentlich folgende Absprachen treffen können:

Immer, wenn sie bei mir Unterricht haben, sollen sie, soweit das möglich ist, bereits in der Fünfminutenpause damit beginnen, die Tische umzustellen. Hierfür werde ich die Tische mit Nummern beschriften (siehe Bilder oben) und einen Plan im Klassenzimmer aushängen, auf dem die Schülerinnnen und Schüler zu jeder Zeit nachschauen können, an welche Stelle ihr Tisch kommt. Ich habe den Plan hoffentlich so gestaltet, dass das Räumen mit ein bisschen Übung und Routine relativ schnell geschehen kann. Ich werde dann zu jeder Stunde in einer großen Tasche die Utensilien mitbringen und sie vor Beginn der Stunde (eventuell mit der Unterstützung einzelner Schülerinnen und Schüler) „aufbauen“. Meine Hoffnung ist, dass sich hier nach einiger Zeit Routinen einspielen und das Umräumen so schnell klappt, dass es sich auch für eine Einzelstunde lohnt. Trotzdem werde ich aber auch die Bitte an die Planer des Stundenplans richten, mein Klasse in möglichst vielen Doppelstunden unterrichten zu können.

Jede Stunde soll dann im Sitzkreis beginnen. Je nachdem, wo wir gerade im Thema stehen wird dieses Kreis unterschiedlich inhaltliche und auch zeitlich gealterte werden. Ich nehme mir aber vor, dass bei einer Einzelstunde, die Sitzkreisphase maximal 10 Minuten, bei einer Doppelstunde maximal 15 Minuten dauern soll. Hier kann dann der Einstieg in ein Thema erfolgen, Vergangenes kann reflektiert werden und vor allem wird immer besprochen, welche Aufgaben für die jeweilige Stunde anstehen. Langfristig gesehen sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, dass im großen Kreis auch wirklich nur die Dinge besprochen werden, die für alle wichtig sind, für individuelle Fragen, Probleme etc. soll dann im weiteren Stundenverlauf Raum sein.

Nach dem Sitzkreis entscheiden sich die Schülerinnen und Schüler, wie und wo sie arbeiten wollen. Hier muss ich mich noch etwas einlesen, wie man es schafft, dass hierbei nicht alleine die Sympathie den Ausschlag gibt, sondern die Schülerinnen und Schüler lernen, zu entscheiden, ob sie für eine Aufgabe alleine oder mit Mitschülerinnen arbeiten sollten. Bei der Zusammenarbeit sollte eine Rolle spielen, mit welchem Ziel die Zusammenarbeit geschieht. Will man mit den Mitlernenden Fragen klären? Kann ein Mitschüler/eine Mitschülerin mir eine Thematik vielleicht erklären? Suche ich mir Unterstützung, um Einzelaufgaben aufzuteilen? …

Am Ende müssen ca. 3 Minuten reserviert sein, um die Klassenraumsituation für die darauffolgenden Stunde wieder vorzubereiten. Im besten Falle werde ich aber hoffentlich mit dem Modell so gute Erfahrungen machen, dass ich nach und nach weitere Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen kann, so dass vielleicht im Laufe des kommenden Schuljahres, die Umräumsituationen immer weniger werden.

In der letzten Ferienwoche werde ich im Klassenraum einmal ohne Schülerinnen und Schüler alles ausprobieren und schauen, ob meine Vorstellungen in der Realität funktionieren könnten. Gerne nehme ich euch mit und werde von der ersten Umstellaktion sowie von den ersten Erfahrungen im Alltagsbetrieb berichten.