Ja, es gibt mich noch. In den letzten Wochen habe ich mir immer wieder vorgenommen: Morgen, ja morgen schreibst du endlich mal wieder etwas für den Blog – genügend Gedanken rund um das Thema Bildung und Schule, die es wert sind, sie hier zu teilen hat es auf jeden Fall gegeben (und gibt es immer noch).

Warum ich dann nichts geschrieben habe? Der Schulalltag hatte mich seit dem letzten Drittel der Sommerferien voll in seinen Griff genommen. Die Einführung eines digitalen Klassenbuchs an meiner Schule, die ich zusammen mit einer Kollegin begleite, hat in den letzten Ferien- und den ersten Schulwochen dafür gesorgt, dass kaum Luft für blieb. Obwohl wir alles bereits im vergangenen Schuljahr gut vorbereitet hatten, hat der reale Praxistest dann doch einige technische Schwierigkeiten offenbart. In dieser Zeit habe ich eine Menge gelernt, nicht nur auf der technischen Ebene, sondern auch über mich und meinen Umgang mit solchen, zum Teil schwierigen, Situationen.

Tja, und neben all diesen außerunterrichtlichen Herausforderungen gibt es dann ja auch noch den Unterricht und meinen Anspruch diesen offener und individueller zu gestalten. Ihr konntet ja im Sommer hier lesen, dass ich, inspiriert vom Churer Modell, meine Unterrichtsstruktur verändern will. Nach einer kurzen anfänglichen Skepsis bei den Schüler*innen machte es dann relativ schnell den Anschein, dass sie mit der neuen Struktur, die sie mehr in die Verantwortung für ihren eigenen Arbeitsprozess nimmt, gut klar kommen. Und für die Schüler*innen in meinem Leistungskurs ist das auch (so glaube ich) immer noch so. In der Sekundarstufe gab es nun aber gerade in den vergangenen zwei Wochen sehr viel Redebedarf. Kurz gesagt: Die Schüler*innen wünschen sich mehr gemeinsame frontale Phasen. Diese Instruktionsphasen, wie sie in den offeneren Lernsettings gerne genannt werden, gibt es aber durchaus nach wie vor bei mir und ich konnte mir deshalb erst nicht so richtig erklären, was meinen Schüler*innen genau fehlte. Mittlerweile vermute ich, dass es eine Mischung aus Unsicherheit und Bequemlichkeit ist. Auf die Unsicherheit kann ich versuchen einzugehen, indem ich versuche noch mehr Hilfsangebote und Kontrollmöglichkeiten während des Lernprozesses zu schaffen. Die gab es zwar vorher auch, aber wahrscheinlich müssen sie noch verstärkt werden und vor allem müssen die Schüler*innen noch lernen, dass sie diese auch aktiv nutzen müssen. Und damit bin ich auch beim Aspekt der „Bequemlichkeit“: Wenn ich ein interaktives Arbeitsblatt gestalte, auf dem ich gestufte Lernhilfen zur Verfügung stelle (die Anwendung qr-lernhilfen.de nutze ich hierfür gerne) und die Schüler*innen auch die Möglichkeit erhalten, ihre Ergebnisse mit einer Musterlösung abzugleichen, sie aber auf Nachfrage eingestehen, dass sie weder das eine noch das andere angeklickt haben, gleichzeitig aber unsicher sind, ob ihr geschriebener Text den Anforderungen entspreche, dann stelle ich mir schon die Frage nach der Erwartungshaltung unserer Schüler*innen. Das ist ein Thema, das mich gerade sehr beschäftigt neben der Tatsache, dass ich nach einigen Wochen mit offeneren Unterrichtssettings feststelle, dass wir zum Teil sehr viel mehr Zeit für ein Thema benötigen. Das liegt einerseits wahrscheinlich daran, dass sowohl die Schüler*innen als auch ich das Arbeiten in diesen veränderten Rahmenbedingungen noch lernen, andererseits zeigt es aber wahrscheinlich auch, dass es das ist, was unsere Schüler*innen brauchen: Zeit, um ein Thema wirklich begreifen, verstehen und durchdringen zu können. Zeit ist nur leider mit überfrachteten Lehrplänen, überholten Prüfungsformaten und einem bei uns in diesem Jahr noch dazu extrem kurzen Halbjahr etwas, von dem es immer zu wenig gibt.

Damit schließt sich dann auch der Kreis zur Frage, warum es hier in den vergangenen Wochen so ruhig war: Mir fehlte die Zeit. Aber, auch wenn Vorsätze normalerweise immer erst am 31.12. formuliert werden, nehme ich mir bereits schon jetzt etwas vor: Ich nehme mir einfach zukünftig die Zeit, um euch wieder mehr in mein Lehrerinnenleben mitzunehmen. Denn eine Sache gab es, die mich letzte Woche richtig gefreut hat: ein Nachricht bei Social Media, die mir gezeigt hat, dass meine Gedanken hier nicht in den Tiefen des World Wide Webs verschwinden, sondern tatsächlich gelesen werden. Danke dafür!