Vor ca. zwei Wochen gab es eine Meldung in den Medien, die mich nachhaltig beschäftigt. Worum geht es? 40 Forscher rund um die Gesellschaft für Bildung und Wissen fordern ein Moratorium der Digitalisierung an Schulen und Kitas. Sie wollen einen Stopp der Digitalisierung in den Bildungseinrichtungen, insbesondere bis zur 6. Klasse, da es wissenschaftliche Hinweise darauf gebe, dass diese Nachteile und Schäden für den Entwicklungs- und Bildungsprozess der Kinder und Jugendlichen hätte (unter anderem hier könnt ihr einen entsprechenden Artikel zum Thema finden). Und prompt wurde in unserem Lehrerzimmer am Schwarzen Brett eine entsprechende Meldung ausgehängt mit der von Weitem gut zu lesenden Überschrift „Wissenschaftler: Tablets und Laptops machen Schüler dümmer“ (Link zum entsprechenden Artikel).

Mich machen solche Überschriften tatsächlich wütend, weil sie aus meiner Sicht zu einseitig und populistisch sind. Denn so einfach ist es eben nicht. Solche plakativen Aussagen sind Wasser auf die Mühlen derer, die die Digitalisierung am liebsten wieder ganz aus den Schulen verbannen wollen. Versteht mich bitte nicht falsch: Ich sehe natürlich, dass die Digitalisierung auch ihre Schattenseiten hat und dass es komplett falsch wäre, in ihr das Allheilmittel für eine gute Bildung zu sehen. Und natürlich sehe ich auch die Herausforderungen, mit denen wir tagtäglich in diesem Bereich konfrontiert werden. Ich nehme es auch sehr ernst, wenn Kolleg*innen zu mir sagen, dass sie die Digitalisierung als Belastung empfinden, da sie mittlerweile täglich eine Stunde und mehr alleine nur mit der Beantwortung von Mails beschäftigt sind. Ich bin auch nicht dafür, Kinder im Vorschul- und Grundschulalter alleine nur mit digitalen Medien lernen zu lassen. Aber ich sehe auch die Chancen. Es gibt so viele aus meiner Sicht wirklich gute digitale Hilfsmittel, die uns helfen können, den Lernprozess individueller zu gestalten, die uns Lehrkräften bei der Organisation unseres Unterrichtsalltags helfen, kurz: die unterstützend eingesetzt werden können. Gerade in dieser Woche habe ich den zweiten Teil einer Fortbildung zu ChatGPT im Unterrichtsalltag sowie eine Fortbildung zu einem Diagnosetool besucht, in der noch einmal sehr deutlich wurde, wie unterstützend die Digitalisierung sein kann und wie gut sie auch zu einer Professionalisierung beitragen kann. Gerade in der Fortbildung zur KI wurde aber auch mehr als klar, dass diese Anwendungen nur dann gute Ergebnisse erzielen, wenn wir genau wissen, was wir tun und wollen. Gerade ChatGPT zeigt meines Erachtens, dass es super wichtig ist, sprachliche gute und nuancierte Prompts zu verfassen, damit die KI ein gutes Ergebnis generiert. Lassen sich darin nicht auch Chancen sehen, die Bedeutung von Sprache noch einmal genauer zu verdeutlichen? Kann das nicht vielleicht auch ein neuer Weg sein, wie wir die Sprachkompetenz unserer Schüler*innen verbessern können?

Nur auf die Digitalisierung zu schimpfen und ihr vorzuwerfen, dass wir alle durch sie dümmer würden, greift zu kurz. Ja, wir müssen gut und sensibel mit den neuen Möglichkeiten umgehen, aber dann kann die Digitalisierung auch in der Arbeit mit jüngeren Kindern viele Möglichkeiten bieten. Und gleichzeitig heißt das nicht, das bisherige Lehr- und Lernmethoden komplett in der Schublade verschwinden müssen. Warum kann diese Diskussion nicht genauer und differenzierter sein und ein Nebeneinander von verschiedenen, gleichwertig zu betrachtenden Wegen, die zum Ziel führen können, zulassen? Überschriften wie „Tablets und Laptops machen die Kinder dümmer“ tragen auf jeden Fall nicht zu einer sachlichen Diskussion bei. Glücklicherweise gibt es in den Medien dann aber doch auch noch andere Sichtweisen, wie zum Beispiel in diesem Kommentar bei SWR Wissen, den ich dann Anfang dieser Woche neben den Artikel ans Schwarze Brett gehängt habe.

Wie ist eure Meinung zum Thema? Schreibt es doch gerne in die Kommentare!