Eigentlich ist es nichts Neues: je besser die Beziehung zwischen Lehrperson und Schülerin oder Schüler desto größer die Lernbereitschaft. Wir aber kann ich eine gute Beziehung zu allen meinen Schülerinnen und Schülern aufbauen, wenn die Klassen immer voller sind und ich nach 45 oder maximal 90 Minuten meine Schüler schon wieder verlasse, um im Laufschritt in die nächste Lerngruppe zu hasten? 

Darüber mache ich mir nicht erst seit Ferienbeginn Gedanken. Aber gerade in den letzten tagen habe ich gemerkt, wie unzufrieden ich eigentlich bin, dass es mir im vergangenen Schuljahr nicht besser gelungen ist, meine Schülerinnen und Schüler besser kennenzulernen. Es ist doch eigentlich so wichtig, zu wissen, was sie beschäftigt, wie sie leben, welche Probleme sie gerade haben, mit wem sie vielleicht gerade Streit haben, ob sie sich wohlfühlen etc.

Diese Gedanken haben mich dann mal wieder dazu gebracht, darüber nachzudenken, was ich im nächsten Schuljahr anders machen möchte. Wie kann ich es schaffen, die Schülerinnen und Schüler besser kennenzulernen? Ich brauche Freiräume und Gelegenheiten, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ich muss irgendwie mitbekommen, wenn etwas in der Lerngruppe gerade nicht so gut läuft. Aber wie?

Neben vielen Ideen, die sich in den momentan bestehenden Schulstrukturen umsetzen ließen (ich werde euch berichten, wenn sie etwas konkreter werden), kreisen meine Gedanken aber auch in diesem Zusammenhang immer wieder um größere strukturelle Veränderungen, die aus meiner Sicht auch Effekte auf die Beziehungsstrukturen innerhalb einer Schulgemeinschaft haben könnten.

Veränderungen der Zeitstrukturen 

Statt arbeiten im 45-Minuten-Takt brauchen wir das Lernen in größeren Zeitblöcken, in denen sowohl Lehrkräfte als auch Lernende mit Zeit an einem Thema gemeinsam arbeiten können.

Veränderungen der Klassenleiterstrukturen 

Statt eine Klassenlehrkraft, die sich im Rahmen des eigenen Fachunterrichts um die Belange von 30 und mehr Schülerinnen und Schüler kümmern soll, brauchen wir Mentorinnen und Mentoren, die die Lernenden in eigens dafür vorgesehenen Zeiten ganzheitlich begleiten können 

Veränderungen der räumlichen Strukturen 

Statt Schulen, die aus Klassen- und Fachräumen bestehen, brauchen wir 

Multifunktionale Lernräume, in denen sich alle am Lernprozess Beteiligten wohlfühlen.

Veränderungen der Jahrgangsstrukturen

Statt einer dauerhaften und stringenten Einteilung der Schülerinnen und Schüler in Jahrgänge brauchen wir (zumindest phasenweise) die Möglichkeit in altersgemischten Gruppen lernen und arbeiten zu können. Schülerinnen und Schüler könnten so viel stärker von- und miteinander lernen.

Ob diese Ideen etwas besser machen? Ich weiß es nicht. Aber wir sollten den Mut haben, es auszuprobieren.

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.

Georg Christoph Lichtenberg